Mari Lena Rapprich


Würdest Du dich bitte kurz vorstellen?

Moin. Ich bin Mari Lena Rapprich, ich arbeite als Künstler:in, Kurator:in und Researcher und lebe derzeit in Bremen. Ich habe mein Studium an der Hochschule für Künste Bremen in der Klasse für Zeichnung u.a. bei Paco Knöller und Katrin von Maltzahn absolviert und 2018 mit meinem Meisterschülerstudium angeschlossen. Seit 2014 teile ich mir ein Atelier am Güterbahnhof Bremen – Areal für Kunst und Kultur. Von 2017 - 2021 war ich Teil des Teams vom SHINY TOYS Festival für zeitbasierte Experimentalkultur, Mülheim an der Ruhr. Seit 2019 arbeite ich im/für das M.F.F. Museum für Fotokopie, Mülheim an der Ruhr, und eng mit dem Initiator:in und Macher:in Klaus Urbons zusammen. Aktuell (2021/2022) habe ich gemeinsam mit meinem Kolleg:in Norbert Bauer die interdisziplinäre und hybride Veranstaltungsreihe FORMAT am Güterbahnhof Bremen initiiert, die sich unterschiedlichen Themenfelder in Gesprächen, Diskussionen, Lecture-Performances und Spaziergängen mit über-/regionalen Gästen, an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft, annähert. Darüber hinaus nehme ich an verschiedenen (inter-)nationalen Ausstellung teil, kuratiere und initiiere diverse (Ausstellungs-)Projekte, publizierte den filmwissenschaftlichen Podcast „Filmfestivals als Sammlung?“ und bewege mich in meiner eigenen künstlerischen Arbeit zwischen systematischen Zeichnungen und experimentellen Klanglandschaften. Neuerdings spielt ich auch Konzerte.

 

Was hat Dich dazu gebracht Medienkünstlerin zu werden?

Aktuell befasse ich mich vor allem mit Klang. Mich interessieren die verschiedenen auditiven Übersetzungen von Zeichnungen, Zeichnung im Raum und harmonische/disharmonische Überlagerungen von Geräuschen, Field Recording, Instrumenten, Elektronischen Spannungen und fragmentarischen Rhythmen. Dieses Interesse begründet sich eigentlich aus zwei unterschiedlichen Richtungen: Zum einen bin ich immer mehr mit experimenteller Musik, Noise und Musikproduktion in Berührung gekommen. Definitiv auch durch das SHINY TOYS, Orte wie das Makroscope (Mülheim an der Ruhr), Veranstaltungsreihen wie ANACHRONISMEN (Bremen) oder 4HTN (Bremen) und vor allem durch persönliche Begegnungen und Freundschaften. Zum anderen befasse ich mich in meinen zeichnerischen Arbeiten viel mit dem Material an sich – dem Abrieb des Graphits auf dem Papier, die Bewegung der Hand, wie diese sich übers Blatt bewegt, welche Irritationen beim Zeichnen entstehen – und vieles erzeugt einen eigenständigen, rhythmischen Klang. Vor einigen Jahren habe ich mir einfach einen Recorder gekauft und angefangen unterschiedliche Field Recording zu machen. Letztendlich war es also eine gute Mischung aus der Lust Dinge auszuprobieren und einer logischen Konsequenz aus meiner künstlerischen Arbeit heraus. 

 

Woran arbeitest Du gerade?

Aktuell bereite ich ein Konzert vor, da ich am 24. September 2022 in der Reihe „Zur Ästhetik“ im Kulturbunker Bremen spielen werde. In den freien Improvisationen verbindet ich elektronische Spannungen, Radiofrequenzen und fragmentarische Soundschnipsel mit sich überlagernden Rhythmen, die in einem permanenten Loop verbinden. Dabei entsteht ein Zwischenspiel aus Offbeat, Herzfrequenzen und Field Recordings. Der sich langsam aufbauende Rhythmus lädt ein zum Verweilen und zum genauem hinhören. Ansonsten arbeite ich gerade an einen Fortführung von meinem Tape-Loop, auf dem eine Schraffung einer Zeichnung zu hören ist und das sich als Linie durch den Raum bewegt. 

 

Mit welchen Schwierigkeiten bist Du in deinem künstlerischen Schaffen konfrontiert?

Zeit. Wenn ich auf meine Arbeitsprozesse schauen und überlege, wie ich zu neuen Ansätzen komme, das Experimentieren anfange, meine technischen Geräte immer besser kennen lerne, an Loop-Tapes bastle, Kontaktmikrofone löte, mit Walkmans spiele und Loops zusammensetze, dann fehlt mir häufig die Zeit bzw. manchmal auch der Anlass. Ich arbeite meist innerhalb konkreter Projekte und Vorhaben oder explizit für Ausstellungen. Das mit dem Konzerte spielen ist noch neu, aktuell versuche ich vorher immer Zeit für mich einzuplanen, um zu spielen, mir meinen Aufbau zu überlegen, in verschiedene Kassetten rein zu hören und mir eine Struktur für die Improvisation zu überlegen.  

 

Wie kommst Du an dein technisches Equipment?

Am Anfang habe ich mir viele Dinge geliehen, auch um verschiedenstes auszuprobieren und zu schauen, ob sich die Geräte/Gerätetypen für mich und meine Ideen eignen. Mittlerweile habe ich einige Geräte, die für mich unverzichtbar sind. Mal kommt ein neues technisches Gerät dazu, mal fällt wieder was weg. Ich versuche möglichst autark in meinen Setups zu sein, mische mich bei Live-Momenten meist selber, gehe mit einer Summe raus und auch in Ausstellungssituationen versuche ich möglichst den technischen Aufbau als Teil der Arbeit zu verstehen. Grundsätzlich ist hierfür der Austausch mit Kolleg:in enorm wichtig sowie mir andere Arbeiten, Konzerte und Setups anzuschauen, mich über einzelne Ideen auszutauschen und Lösungen zu diskutieren. 

 

Was ist Dein Traumprojekt?

Es fällt mir schwer, das so zu benennen. Ich habe definitiv nicht das eine Projekt was ich unbedingt machen möchte oder den Wunsch an einem expliziten Ort auszustellen oder Live zu spielen. Ich denke eher, dass mit dem fortlaufenden Experimentieren und dem sich Weiterentwickeln auch neue Dinge möglich werden. 

 

Was fehlt Dir, um Dein Traumprojekt zu realisieren?

Die zwei wesentlichen Faktoren: Zeit und Geld.

 

Welche Anforderungen/Wünsche hast Du an Präsentationsorte und/oder Medienkunst Festivals?

Um mich herum kann ich einen Wandeln im Booking von Veranstaltungen oder im Kuratieren von Ausstellungen wahrnehmen, hinsichtlich der Präsenz von FLINTA Personen und marginalisierten Gruppen, allerdings ist das nicht die Regel. Ich wünsche mir eine Sensibilität und ein gemeinsames Miteinander. Das beginnt mit der Sprache. Außerdem ist es längst überfällig, über eine angemessene monetäre Honorierung von Künstler:innen zu sprechen und diese zu etablieren. Schlussendlich geht es viel um Präsenz und Sichtbarkeiten, von daher wünsche ich allen Macher:innen von Ausstellungen, Festivals, Konzerten und Veranstaltungen, dass sie Freude am recherchieren und finden von Künstler:innen/Personen haben, nicht immer die naheliegenden Künstler:innen/Personen einladen und auch nicht experimentierscheu sind. 

 

September 2022

 

https://marilenarapprich.de/